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Deutschlands Markt für Energiespeicher

Deutschlands Stromportfolio

In unseren letzten Beiträgen haben wir elektrische Energiespeicher (EES) und den EU-Markt für EES vorgestellt. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf einige wichtige EU-Mitglieder und beginnen mit Deutschland. Das Elektrizitätsportfolio des Landes spiegelt seinen Status als eines der fortschrittlichsten Länder der Welt in Bezug auf Klimaschutz wider. Bis November 2016 hat Deutschland ~35% seines Strombedarfs 2016 aus erneuerbaren Quellen gedeckt, wie in der folgenden Abbildung zu erkennen ist.

Stromerzeugung nach Quelle in Deutschland 2016 (Quelle: Fraunhofer ISE)

Das Wachstum der erneuerbaren Energien wurde durch die Energiewende in Deutschland weltweit vorangetrieben. Die Energiewende ist ein langfristiger Plan zur Decarbonisierung des Energiesektors. Die Richtlinie wurde Ende 2010 mit ehrgeizigen Zielen für die Reduzierung von Treibhausgasen und für die Bereitstellung von erneuerbaren Energien bis 2050 verabschiedet (80-95% weniger Treibhausgase als 1990 und 80% erneuerbarer Strom).

Ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende-Politik 2010 war das Vertrauen in die 17 deutschen Kernkraftwerke als Bedarfsreserve, um den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien zu erleichtern. Angesichts der Katastrophe von Fukushima, nur sechs Monate nach dem Inkrafttreten der Energiewende, hat die Bundesregierung die Politik dahingehend geändert, daß bis 2022 ein aggressiver Atomausstieg unter Beibehaltung der Zielvorgaben für 2050 vorgesehen ist. Dies hat die Bedeutung von sauberem, zuverlässigem Strom aus alternativen Quellen wie Wind und Sonne nur noch verstärkt.

Bestehende Energiespeicher in Deutschland

Bis Ende 2016 sind in Deutschland 1.050 MW Energiespeicherkapazität (ohne PHS) installiert. Der Großteil dieser Kapazität besteht aus elektromechanischen Technologien wie Schwungrädern und Druckluftspeichern (siehe Abbildung unten).

Deutschlands Energiespeicher nach Kapazität (Quelle: Sandia National Laboratories)

Diese Zahlen sind jedoch aufgrund der Tatsache, daß es sich bei der elektromechanischen Kategorie im Wesentlichen um zwei Druckluftspeichernanlagen mit großer Kapazität handelt, etwas verzerrt. In der Realität sind elektrochemische Projekte (hauptsächlich Batterien) weit verbreitet und machen den größten Teil des Wachstums auf dem deutschen Speichermarkt aus. Derzeit befinden sich in Deutschland elf elektrochemische Energiespeicherprojekte in der Entwicklung und keine elektromechanischen Projekte in der Entwicklung (siehe Abbildung unten).

Anzahl der EES-Projekte nach Typ (Quelle: Sandia National Laboratories)

Dienstleistungen Nutzung von Energiespeichern in Deutschland

Wie bereits erwähnt, gibt es Verwendungen für EES-Technologien. Derzeit werden mit der in Deutschland vorhandenen EES-Flotte Netzbetriebs- und Stabilitätsanwendungen (Schwarzstart, Stromversorgungskapazität) sowie Vor-Ort-Strom für kritische Übertragungsinfrastruktur bedient. Eine Aufschlüsselung der Dienstnutzungen auf dem deutschen Markt ist nachstehend aufgeführt.

Service-Nutzung von Verwendung von Energiespeichern in Deutschland (Quelle: Sandia National Laboratories)

Am bemerkenswertesten ist die Tatsache, daß der Ausbau der Kapazitäten für erneuerbare Energien nur 0,3% der derzeit in Deutschland tätigen EES (ohne Pumpspeicher) ausmacht. Um dies zu verstehen, muß angemerkt werden, daß Deutschland ein Nettoexporteur von Elektrizität ist (nächste Abbildung unten). Mit einem der zuverlässigsten Stromnetze der Welt und einer idealen geografischen Lage ist Deutschland hervorragend an eine Vielzahl benachbarter Strommärkte angebunden. So ist es einfach, überschüssigen Strom zu exportieren.

Dieser „Exportausgleich“ ist ein Hauptgrund dafür, dass der EES-Markt in Deutschland kein vergleichbares Wachstum wie bei erneuerbaren Energien verzeichnet hat. Für Deutschland ist es einfach, Strom zu exportieren, um die Systemlast in Zeiten höchster erneuerbarer Produktion auszugleichen. Es gibt jedoch negative Aspekte dieses Energieexports, wie eine starke Überlastung der Übertragungsinfrastruktur in den Nachbarländern.

Netto-Stromexporte bei durchschnittlicher Marktpreisentwicklung für Deutschland im Jahr 2015 (Quelle: Fraunhofer ISE)

Ausblick für den Energiespeichermarkt in Deutschland

Die Logik scheint darauf hinzudeuten, daß Deutschland mit aggressiven Zielen für erneuerbare Energien, seinem geplanten Atomausstieg und einer stärkeren Betonung der Energieunabhängigkeit mehr EES-Kapazität entwickeln muß. Viele Experten sind jedoch der Ansicht, daß der hinkende kurz- und mittelfristige Ausbau der EES Kapazitäten die Energiewende nicht behindern wird. Einige behaupten sogar, daß EES in den nächsten 10 bis 20 Jahren keine Notwendigkeit sein wird. Selbst wenn Deutschland beispielsweise seine Wind- und Solarziele für 2020 erreicht (46 GW bzw. 52 GW), würden diese in der Regel 55 GW nicht überschreiten, und fast der gesamte Strom würde im Inland in Echtzeit verbraucht. Daher wäre nennenswerte Unterstützung durch EES nicht erforderlich.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung teilt diese Einschätzung und argumentiert, daß die bei erheblichen erneuerbaren Energiekapazitäten erforderliche Netzflexibilität durch kostengünstigere Optionen wie flexible Grundlastkraftwerke und ein besseres Management der Nachfrageseite gewährleistet werden könnte. Darüber hinaus bieten Innovationen bei Power-to-Heat-Technologien, bei denen überschüssiger Wind- und Solarstrom zur Versorgung von Fernwärmesystemen verwendet wird, neue Chancen und schaffen einen neuen Markt für Energiedienstleistungsunternehmen.

Power-to-Gas

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat festgestellt, daß P2G ideal geeignet ist, um überschüssige erneuerbare Energie in ein vielfältiges Produkt umzuwandeln, das über einen langen Zeitraum gespeichert werden kann. Deutschland war in den letzten Jahren der zentrale Ort für die Entwicklung der P2G-Technologie. Derzeit sind in Deutschland sieben P2G-Projekte in Betrieb oder im Bau.

Während der laufenden Arbeiten ist eine wirtschaftlich realisierbare Produktion von P2G derzeit nicht möglich, da der Stromüberschuss begrenzt ist und die garantierte Kapazität niedrig ist. Dieser begrenzte Stromüberschuss ist ein Beispiel für die Wirkung der oben diskutierten Stromexporte. Während es kurzfristig möglicherweise keinen bedeutenden kommerziellen Markt gibt, könnte die Einführung von P2G für den Verkehr als zusätzlicher Motor für die weitere Entwicklung erneuerbarer Energien in Deutschland fungieren.

(Jon Martin, 2019)