Bei der Behandlung von Abwasser werden organische Verunreinigungen sowie Stickstoffverbindungen in einen energieintensiven Prozeß entfernt. Die Behandlung im Belebtschlamm benötigt zum Beispiel viel Energie für das Begasen mit Luft oder Sauerstoff. Die Belüftung verursacht dabei erhebliche Kosten. Für die Belüftung sind etwa 5 kWh pro Kilogramm je nach Kläranlage erforderlich. Die mit dem Energieverbrauch verbundenen Kosten machen in einer durchschnittlichen europäischen Abwasseraufbereitungsanlage rund 500.000 Euro pro Jahr aus. Dies ist bis zu einem Drittel der Gesamtbetriebskosten von Kläranlagen. Die Stickstoffentfernung aus Abwasser muß daher wirtschaftlicher werden.
Bioelektrische Technologie spart Energie
Herkömmliche Stickstoffentfernung besteht aus einer Abfolge von Nitrifikations– und Denitrifizierungsreaktionen. Die Nitrifizierung ist die aerobe Ammoniumoxidation zu Nitrit und Nitrat und wird von ammoniumoxidierenden Bakterien durchgeführt. In der anschließenden Denitrifizierung wird das Nitrat zu Stickstoffgas (N2) umgewandelt. Neben dem kostspieligen Belüftungsprozess erfordern die verbleibenden Zwischenprodukte Nitrit und Nitrat also eine weitere Abwasserbehandlung.
Anstelle des energieintensiven Pumpens von Sauerstoff in das Abwasser könnten bioelektrische Systeme mit viel niedrigeren Kosten das gleiche Ergebnis erzielen. In solchen Systemen stellt eine Anode den Elektronenakzeptor zur mikrobiellen Ammoniumoxidation dar und ersetzt den Sauerstoff. Die Belüftung entfällt dadurch oder kann stark reduziert werden.
Vollständige Umwandlung von Ammonium auf Stickstoffgas
Wir berichteten bereits über die Verwendung eines solchen bio-elektrischen Systems, um Ammoniak aus Abwasser in Fed-Batch-Reaktoren zu entfernen. Nun veröffentlichten Forscher der Universität von Girona eine weitere Machbarkeitsstudie basierend auf dieser neuen Technologie. Das vorgestellte bioelektrische System war ein komplett sauerstoffreier Reaktor, der kontinuierlich Ammonium zu Stickstoffgas umwandeln konnte. Der Zweikammerreaktor nitrifizierte Abwasser und entzog ihm so letztendlich den Stickstoff.
Die bio-elektrisch Ammoniumentfernung wurde in einem kontinuierlich betätigten Ein-Liter-Reaktor mit einer Umsatzrate von ~ 5 g / m3 / Tag katalysiert. Eine komplexe mikrobielle Gemeinschaft mit nitrifizierenden Bakterien wie Nitrosomonas sind als Schlüsselorganismus wurde ebenfalls beschrieben.
Aus einer Anwendungsperspektive ist ein Kosten-Nutzen-Vergleich zwischen bioelektrischen Systemen und der klassischen Abwasserbehandlung erforderlich. Die Forscher zeigten, daß der selbe Grad der Stickstoffenfernung erzielt wurde (>97%). Das bioelektrische System wandelte Ammonium zu Sticke ohne eine Anreicherung von Zwischenprodukten um. Ihr System erforderte etwa 0,13 kWh pro Kilogramm Stickstoff mit einer Flußrate von 0,5 l / Tag. Die Verwendung eines bioelektrischen Systems verbraucht im Vergleich zur klassischen Belüftung mit zirka 5 kWh pro Kilogramm 35 mal weniger Energie. Gleichzeitig werden keine schädlichen Zwischenprodukte wie Nitrit- oder NOx-Gase gebildet.
Mikrobiell erzeugter Strom treibt die Ammoniumoxidation an
Der vorgestellte Artikel zeigte auch potenzielle Hinweise für den mikrobiellen Abbauweg. Das Verständnis um die zugrunde liegenden Mechanismen kann die Prozesse der anoxischen Ammoniumentfernung in bioelektrischen Systemen optimieren.
Als Abbauweg für Stickstoff schlugen die Autoren die bioelektrische Oxidation von Ammoniak über Stickstoffmonoxid vor. Dieser wurde möglicherweise von einer Mikrobe der Gattung Achromobacter durchgeführt. Auf diese Reaktion folgte vermutlich die Reduktion von Stickstoffmonoxid zu Stickstoffgas. Diese Reduktionsreaktion könnte eventuell von Denitrassisoma durchgeführt worden sein. Alternativ wurden drei weitere Sekundärrouten betrachtet: Die selbe bioelektrische Oxidation, gefolgt von Anammox oder ganz ohne Stickstoffmonoxid direkt an Stickstoffgas. Eine Art Electro-Anammox kann auch möglich sein.
Bei Frontis Energy glauben wir, daß die direkte Umwandlung von Ammonium zu Stickstoffgas durch die Umkehrung der Stickstoffixierung eine Möglichkeit ist. Gene, die fuer Elemente der Stickstoffixierung verantwortlich sind, sind in der mikrobiellen Welt allgegenwärtig. Diese Umkehrung würde die universelle biologische Energiewährung ATP generieren, anstatt sie zu konsumieren.
Es wurde gezeigt, daß Achromobacter sp. in der beschriebenen mikrobiellen Vergesellschaftung mit bis zu 60% die häufigste Mikrobe war. Im Reaktor wurden jedoch auch Anammox-Arten (Candidatus Kuenenia und Candidatus-Anammoximicrobium) so wie denitrifizierende Bakterien (z.B. Denitratisoma) nachgewiesen.
Es wurden zwei mögliche elektroaktive Reaktionen identifiziert: Hydroxylamin- und Nitritoxidation. Dies spräche ebenfalls für der Anode als Elektronenakzeptor der Ammoniumoxidation. Nitrit- und Nitrattests legten nahe, daß sowohl die Denitrifizierung als auch Anammox-basierende Reaktionen in dem System erfolgt sein könnten.
Ammonium wurde ohne Anhäufung von Zwischenprodukten vollständig zu Stickstoffgas oxidiert. Die Autoren zeigten, daß Ammonium einem kontinuierlich betriebenen bioelektrischen System entfernt werden kann. Zur Skalierung des Systems sind jedoch ein besseres Verständnis von Reaktor- und Verfahrenstechnik sowie der zugrunde liegenden mikrobiellen und elektrochemischen Vorgänge erforderlich.
Experimenteller Aufbau
Das Impfmaterial bestand aus Biomasse zweier Nitrifikationsreaktoren.
- Der Reaktor wurde aus zwei 1-Liter-Kammern aufgebaut, die einen Anode- und Kathodenraum beinhalteten
- Der Separator diente Anionenaustauschermembran um die Diffusion von Ammonium auf das Kathodenraum zu minimieren
- Die Anode- und Kathodenkammern wurden mit Graphitgranulat befüllt
- Eine Ag/AgCl-Referenzelektrode wurde im Anodenraum verwendet
- In jeder Kammer wurden zwei Graphitstangen als Stromkollektoren platziert
- Das System wurde im Batch- und Durchlaufmodus betrieben
Bild: 5056468 / Pixabay
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